Edelweiss 1

Europäischer Yogakongress der EYU in Zinal 2024

Seit fünfzig Jahren findet alljährlich der Yogakongress der EYU in Zinal statt. Mein erster Besuch am 51. Europäischen Yogakongress in Zinal wird mir als ein unvergessliches Erlebnis in Erinnerung bleiben. Ein einzigartiges Zusammentreffen von Natur, Kongress und Yoga.

Vorfreude

Meinem ersten Besuch des Europäischen Yogakongress in Zinal fieberte ich mit viel Vorfreude entgegen. Die Erinnerungen bis zurück in meine Jugendzeit liessen Bilder der Begeisterung in mir aufflammen. Vor meinem inneren Auge spiegelten sich aus jener Zeit die erlebnisreichen Wanderungen im Val d` Anniviers durch die hochalpine Natur mit der Faszination der ewigen Gletscher und Wildbäche wider. Voller Erwartung reiste ich am Samstag über das Rhonetal nach Zinal. Steil stieg die Strasse mit vielen Haarnadelkurven vom Tal ins typische und ursprüngliche Walliserdorf Vissoie hinauf. Von dort weiter über Ayer bis tief ins Tal nach Zinal, das von einigen der höchsten Alpengipfel umgeben ist.

Mehrere Delegierte der Europäischen Yogaunion mieteten gemeinsam ein Chalet und so waren wir in einem typischen Walliser Chalet einquartiert. Nach meiner Ankunft rief der Hunger und so liessen wir uns im Restaurant des Camping mit einer feinen Walliser Rösti verwöhnen. Danach führte uns die Reise an diesem regnerischen Tag noch weiter von Zinal aus wandernd zur Cabane le Petit Mountet.

Vom Camping wanderten wir gemütlich dem Gebirgsbach Navisence entlang bis zur Brücke, um den Bach zu überqueren. Von dort aus begann ein steiler Aufstieg zur Cabane le Petit Mountet. Herrlich war die Aussicht auf den reissenden Bach weit im Tal unten und auf die umliegenden Bergspitzen. Endlich nach 2 1/2 Stunden Wanderzeit erreichten wir nach dem letzten steilen Anstieg die Berghütte. Dort erwartete uns der Lohn für unsere Anstrengungen. Denn oberhalb der hoch gelegenen Hütte hatten wir einen wunderschönen Ausblick auf den imposanten Zinal Gletscher. Vor uns lag die faszinierende Gletscherwelt, die uns aus ihrem Innern ihre einzigartige über Jahrtausende alte Geschichte erzählte. Die Bilder der Entstehung und des natürlichen Wirkens von Eis und Schnee lassen uns als Mensch bescheiden werden.

Erfüllt und zufrieden genossen wir vor dem Abstieg in der Berghütte einen feinen Kaffee und ein Stück leckeren Aprikosenkuchen. Der Abstieg liess uns leichten Fusses dem Tal entgegen wandern, beeindruckt von der Schönheit, der vor uns liegenden Kulisse des oberen Tals des Val d`Anniviers. Müde, aber erfüllt von der herrlichen Bergluft und der eindrücklichen Gebirgsnatur kehrten wir zurück in unser Chalet nahe der Kirche inmitten des hübschen Dorfes Zinal.

Nach einem erfüllten Tag des Ankommens freuten wir uns nun auf den kommenden Tag des Zusammentreffens der Delegierten. Aus allen Richtungen Europas reisten sie am Samstag an, um ihren Berufsverband in der Europäischen Yogaunion an der Generalversammlung zu vertreten und die Eröffnungszeremonie mitzugestalten.

Der Weg zur Freiheit führt über den Dienst an anderen.

Paramahansa Yogananda
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Prana - the force of life

Nicht ohne Grund lieben Yogis und Yoginis die Zurückgezogenheit in der Bergwelt. Nahe dem Himmel in der Klarheit des Gebirges ist die Kraft der Natur und des Prana intensiv spürbar. Die Reinheit der kosmischen Energie lädt ein sich vollkommen in die Yogapraxis zu vertiefen.

In der Natur auf einem Stein oder in der Wiese sitzend, lässt sich die Bewusstheit der natürlichen Stille und die Kraft der Mutter Erde unmittelbar erfahren. Sanft weht der Wind durch die Haare und das Gesicht und die erfrischende Energie der Bergluft lässt den Geist klarer und ruhiger werden. In dieser Reinheit der Natur, wo sich die Elemente noch in ihrer Ursprünglichkeit erfahren lassen, wirkt Prana, die universelle Quelle des Lichts, tief berührend.

So verband sich das Thema des diesjährigen Events «Prana – the force of life» wunderbar mit der kristallklaren Bergluft und der Schönheit der Natur in Zinal. Ein beschauliches Bergdorf umrandet von hohen Gipfeln mit einer zauberhaften Naturkulisse bildet wie jedes Jahr den Rahmen für den Europäischen Yogakongress. Eine einladende Kulisse, die einen wunderschönen Rahmen für das gemeinsame Erleben und Praktizieren von Yoga und Meditation darstellt. Hier trifft sich die eindrückliche Poesie der Natur mit der tiefen Weisheit und Philosophie des Yogas.

Die größte Offenbarung ist die Stille

Laotse

Eröffnungsfeier

Aus allen Regionen Europas und der Welt strömten Yogaliebhaber zur gemeinsamen Praxis nach Zinal. Sie hatten teilweise eine lange Anreise auf sich genommen, um das reichhaltige Kongressprogramm mit verschiedenen Workshops und Gesprächen am runden Tisch zu geniessen. Der Austausch und das gemeinsame praktizieren von Yoga bilden den wunderbaren Rahmen des alljährlichen Yogakongress.

Am Sonntagabend begann der Event mit einer Eröffnungszeremonie zur Vorstellung der EYU und der dreizehn ReferentInnen, die jeweils von den Mitgliederverbänden eingeladen werden. In diesem Jahr waren Siddharta Krishna aus Indien und Swami Maitreyi aus Schweden als Ehrengäste eingeladen.

Wunderschöne Klänge der Band Ganesha Project entführten uns in die indische Musikwelt, rundeten die Veranstaltung ab und luden zum gemeinsamen Sein ein. Und auch die Freude über das Wiedersehen von alt bekannten Gesichtern aus nah und fern stand ganz im Mittelpunkt des gemeinsamen Zusammentreffens.

Am Montagmorgen starteten die verschiedenen Workshops, die über den gesamten Tag während fünf Tagen angeboten wurden. Beeindruckend wie schon früh morgens aus den nahen Chalets, Ferienwohnungen oder Hotels bunte Gestalten mit der Yogamatte unter dem Arm zu den Events pilgerten. Das Programm bot für jeden etwas, um in die Tiefe der Erfahrung und des Erlebens von «Prana» einzutauchen. Dazwischen blieb genügend Zeit bekannte Gesichter zu begrüssen, sich auszutauschen, zu verweilen und neue Kontakte zu knüpfen.

Tummopraxis in der Natur

Auf meinem eigenen Yogaweg suche ich immer wieder nach Inspirationen und Inputs, um den Pfad der Weiterentwicklung zu gehen. Die Praxis des Tummo, eine Yogatechnik aus dem tibetischen Buddhismus, begeistert und begleitet mich seit Jahren. Die Praxis des inneren Feuers prägt meinen Yogaweg und gestaltet ihn zu einem tiefgründigen Erfahren und Erleben.

Im Online Programm der Europäischen Yogaunion hatte ich das Vergnügen mich am "Round table about Tummo" mit Anne Laurençon Loviton, Philippe Djoharikian, Geza Timcak, Heather Massey und Patrick Daubard über die Praxis von Tummo auszutauschen.

Für den diesjährigen Yogakongress war Patrick Daubard eingeladen, die von seinem Vater Maurice Daubard ins Leben gerufene Technik des Tummos, als Referent zu unterrichten. Als Mitbegründer des Institut Maurice Daubard leitet er nach dem Tod seinen Vaters das Institut. Er verleiht der von seinem Vater erlernten Technik seinen ureigenen Gestaltungsstil.

Ich freute mich sehr ihn in Zinal persönlich kennenzulernen und mich von seiner westlich ausgerichteten Tummo Yoga Technik inspirieren zu lassen. Und so machte ich mich früh am Montagmorgen auf, um die Tummopraxis von Patrick Daubard, die in der Natur stattfindet, kennenzulernen.

Nach den einleitenden Worten in der Wärme eines Raumes machten wir uns auf unseren Platz auf der Wiese einzurichten. Der Tau des frühen Morgens lag auf den Halmen und Gräsern und verlieh der Wiese eine morgendliche Feuchtigkeit. Auf einer wasserfesten Matte oder einem Plastiksack richteten sich die Teilnehmenden ein, um der Kälte zu trotzen.

Die Bewusstheit des Moments liess Yoga, Meditation und Natur zu einer Einheit verschmelzen. Eine beeindruckende Erfahrung, umfüllt von der Kälte des Morgens und der Berge, durch das innere glühende Feuer erwärmt zu sein. Zurückgezogen in die innere Höhle verweilt der Geist in einem klaren Zustand und der Verbundenheit mit Prana. Dabei wird die Kälte zur Nebensache, der Körper bleibt angenehm warm und der Atem fliesst in rhythmischen Bewegungen. Eine Erfahrung von unendlicher Tiefe und innerem Glück.

Freudig gestimmt pilgerte ich zurück zu unserem Chalet. Herrlich schmeckte das reichhaltige Frühstück nach diesem eindrücklichen Erleben des inneren Feuers in der Frische der Walliser Bergwelt.

Bergwiese

Workshop mit Siddhartha Krishna

Nach dem wohlverdienten Frückstück machten wir uns auf den Weg ins Forum, um Siddhartha Krishnas Worten zu lauschen. Isabelle, meine Kollegin aus dem Vorstand und Delegierte von Yoga Schweiz übersetzte den Vortrag von Siddhartha Krishna.

Siddhartha Krishna nahm eine lange Reise von Indien nach Zinal auf sich, um als Ehrengast der Europäischen Yogaunion zu wirken und die Besucher an seinem Wissen teilhaben zu lassen. Er stammt aus einer traditionellen indischen Yogafamilie, die ihr Wissen an ihre Kinder weitervermittelt. Er wurde im Kailas Ashram Vidya Pitha, einem Kloster, das sich auf die Lehre des Vedanta konzentriert, ausgebildet.

Im Zentrum seines Vortrags am Montag war das diesjährige Thema Prana - the force of life in Verbindung mit den indischen philosophischen Schriften des Vedanta, der Veden und Upanishaden wunderbar eingebettet. Eine tiefe Weisheit und berührende Sanftheit begleitete seine abwechslungsreiche Darlegung über die Bedeutung von Prana in den indischen Schriften der Veden, der Upanishaden und der Yogatexte.

In seinen täglichen Workshops legte Siddhartha Krishna Wert auf einen theoretischen Teil mit einem wertvollen Überblick in die alten indischen Yogatexte zum Thema Prana. In einem weiteren Teil leitete er Meditationen über Prana an. Diese Anleitungen beinhalten Methoden der Meditation über Prana als Werkzeug zur Selbsterforschung, zur Beruhigung des Geistes und zur Bewältigung von Emotionen.

Goldbuddha

Swāmī Maitreyī

Am Nachmittag fand ein weiterer Workshop im Forum zum Kongressthema Prana - the force of life mit Swāmī Maitreyī aus Schweden statt. Swāmī Maitreyī stellt das Wissen der Seher und Gelehrten Indiens als Quelle des Lebens in den Mittelpunkt ihres Vortrags. Die Gelehrten Indiens wussten schon immer, dass die Existenz einer Urkraft, die als Prana benannt ist, die gesamte Schöpfung erhält und durchdringt. Die alten Yogis und Yoginis versuchten, diese Lebenskraft bewusst zu verstehen und unmittelbar zu erfahren. Durch die Erforschung des Prana entwickelten sie Methoden und Techniken, um diese Urkraft in sich zu erwecken und nutzbar zu machen. Im Zentrum der Praxis stand die eigene Entwicklung, um dem gesamten Universum zu dienen.

Seit ihrer ersten Berührung mit Yoga im Jahre 1985 ist Swāmī Maitreyī auf ihrem langen und intensiven Weg sich in Yoga auszubilden. Nach ihrer Ausbildung und Arbeit im Satyananda Yoga Zentrum in Schweden reiste sie nach Indien an die Bihar School of Yoga in Munger, wo sie ihre Ausbildung unter der Anleitung eines Lehrers fortsetzte. Während zehn Jahren war sie in Bogota an der Satyananda Yoga Academy tätig. Im Zentrum ihres Wirkens steht die Vermittlung ihres Wissens an interessierte Menschen.

Prana bedeutet eine Kraft, die alles durchdringt und in ständiger Bewegung ist. Wie können die Menschen dieses Wissen nutzen, um ein glückliches, gesundes und harmonisches Leben zu haben. Dieses Anliegen steht vollkommen im Mittelpunkt der täglichen Events. Swāmī Maitreyī versteht es die Werte der alten Yogis und Yoginis und der indischen Gelehrten in einfache Worte für den modernen Menschen zu fassen. Dabei werden theoretische Aspekte geschickt mit praktischen Übungen verbunden, um eine unmittelbare Erfahrung mit der einzigartigen Kraft Prana zu machen.

Auf Wiedersehen

Am Montagabend ging meine Zeit am diesjährigen Europäischen Yogakongress zu Ende. Für dieses Jahr musste ich Adieu sagen, denn die weltlichen Aufgaben riefen. Gerne hätte ich noch weitere Workshops besucht, an den zwei abendlichen Runden Tischen mit dem Austausch über Yoga und Prana teilgenommen. Die frische Walliser Bergluft genossen und den Corne de Sorebois erklommen, um mich der wundervollen und eindrücklichen Sicht von hoch oben ins Tal und die zu den umliegenden Gipfeln zu erfreuen. Doch die Vorfreude auf den nächsten Europäischen Yogakongress vom 17. - 22. August 2025 lässt meine Wehmut mildern und Dankbarkeit über diesen unvergesslichen Event wecken.

Der Europäische Yogakongress in Zinal ist für jeden Yogaliebhaber eine Reise wert. Es ist ein unvergessliches Erlebnis nahe der Schneeberge und Gletscher die innere Kraft des Yogas zu erleben. Das friedvolle Üben lässt die Bedeutung der Verbundenheit über alle irdischen Grenzen hinaus erfahren. Alle Yogaliebhaber sind eingeladen den Yogakongress in Zinal jeweils in der dritten Augustwoche zu besuchen und vor allem zu geniessen.

Der Weg liegt nicht im Himmel. Der Weg liegt im Herzen.

Buddhistische Weisheit
Schneeberg

Verbundenheit

Die Europäische Yogaunion biete den verschiedenen europäischen Yogaverbänden eine Plattform der Verbundenheit. Ihre Mission besteht darin europaweit die Qualität und Werte des Yogas zu fördern und zu stärken.

Die Europäische Yogaunion hat einen verbindlichen Rahmen für ihre Mitgliederverbände in Bezug auf die Yogaleherausbildungen definiert. Die Ausbildung umfasst vier Jahre und mindestens fünfhundert Ausbildungsstunden. Alle Mitgliederverbände verpflichten sich ihre Ausbildungen nach diesem Standard der EYU anzubieten.

Die EYU ist offen und befürwortet die Einheit in der Vielfalt. Sie heisst alle europäischen Yogaorganisationen willkommen, die die Qualität und Werte des Yoga fördern, stärken und aufrechterhalten. Derzeit sind zweiundzwanzig Verbände aus vierzehn verschiedenen europäischen Ländern Mitglieder in der EYU. Die Delegierten der verschiedenen Mitgliederverbände pflegen einen regen Austausch und fördern so die Verbundenheit.

Die Europäische Yogaunion wurde 1971 von Gérard Blitz und André van Lysebeth gegründet. Die Vertreter der nationalen Verbände trafen sich 1971 in der Schweiz, um die Europäische Union der Yoga-Verbände (UEFNY) zu gründen, aus der später die EUY wurde.

Ein grosses Highlight der Verbundenheit der Europäischen Yogaunion ist der jährlich wiederkehrende Yogakongress in Zinal.

Naomi King Yogalehrerin Meditationslehrerin und Achtsamkeitscoach
Naomi King

Der erste Schritt mit Yoga, Meditation und Achtsamkeit beginnt mit der inneren, fokussierten Ausrichtung: «Niemand kann die Brücke bauen, auf der ich über den Fluss des Lebens schreite, niemand ausser ich selbst.»