Welcher Yogastil passt am besten zu mir?
Im Dschungel der Yogaangebote in Yogastudios und im digitalen Netzt kann es schon verwirrend sein. Auch die Stundenpläne der Yogastudios erlauben oft nicht wirklich einen klaren Einblick in die oftmals auch exotischen und untypischen Yogastilangebote. Wie soll man da den passenden Yoga für sich finden?
Welcher Yogastil passt?
Yoga ist nichts für mich, dass haben schon viele gedacht oder laut gesagt. Selbst nach der ersten Probelektion fällt die Entscheidung, ob Yoga überhaupt passt oder ob der Yogastil, der Richtige ist, schwer.
Für die Entscheidungsfindung spielen verschiedene Aspekt wie der Yogastil, die Persönlichkeit der Yogalehrperson oder das eigene Temperament eine wichtige Rolle.
Yoga ist traditionell mehr als nur eine Form der körperlichen Betätigung; es ist eine ganzheitliche Praxis, die Körper, Geist und Seele verbindet. Mit seinen Wurzeln in alten Traditionen bietet Yoga heute eine Vielzahl von Stilen, die jeweils ihre eigenen einzigartigen Vorteile haben.
Betrachen wir zuerst die verschiednen Yogastile, um einen besseren Durchblick in der unübersichtlichen Flut der Yogaangebote zu erhalten. Hier ist ein Überblick über einige der bekanntesten Yogastile, um einen Einblick zu erhalten.
Entdecken der Vielfalt der Yogastile
Dynamisch unterwegs sein, anatomisch präzise üben, dehnen - strecken - halten, schwitzen und entgiften, in der Stille sitzen oder passiv verweilen? Was unterscheidet die verschiedenen Yogastile von Hatha Yoga über Yin Yoga bis hin zur Ashtanga Stilrichtung?
Hier folgt ein Überblick über einige unterschiedliche Yogastile, die einen Überblick über die vielfältigen Angebote im modernen Yogamarkt geben.
Hatha Yoga
Aus der traditionellen Lehre des Hatha Yoga haben sich die verwiegend körperbetonten Yogastilrichtungen entwickelt. So entfalteten sich unter dem Dach von Hatha Yoga kraftvolle, dynamische und sanfte Techniken, einfache Körperwahrnehmungsübungen und komplexe Körperhaltungen.
Kennzeichnend für den Klassiker Hatha Yoga ist, im Gegensatz zu Flowstilrichtungen, dass die unterschiedlichen Körperhaltungen meist einzeln eingenommen und oft auch länger gehalten werden. Im Gegensatz zu den gehaltenen Positionen wird der Sonnengruss auch im Hatha Yoga fliessend ausgeführt.
Des weiteren gehören in eine Hatha Yoga Praxis in seiner vertieften Ausführung Atemtechniken, mentale Entspannungsmethoden und Meditation. Alle traditionellen Techniken des Hatha Yoga beginnen im Körper und führen weiter über die Kombination mit verschiedene Atemtechniken zur Schulung des Geistes.
Hatha Yoga stärkt, stabilisiert und mobilisiert den Körper und eignet sich hervorragend, um die Asanas oder Körperübungen korrekt zu erlernen. Die Grundbasis der Stärkung des Körpers liegt darin achtsam und bewusst in die verschiedenen Haltungen zu gehen und zu verweilen.
Weitere Stilrichtungen, die in die Reihe der Hatha Yoga Stilrichtungen eingeordnet werden können, sind Anusara Yoga, Sivananda Yoga und Iyengar Yoga.
Anusara Yoga
Anusara Yoga ist ein eher junger Yogastil aus den USA kommend. Die Anusara Yogapraxis beruht auf der exakten Ausrichtung der verschiedenen Körperhaltungen und dem Fokus der inneren Herzöffnung.
Die Prinzipien der Asanas sind nicht nur mit Fokus auf die körperliche Ebene, sondern auch auf die mentalen, emotionalen und energetischen Bereiche ausgerichtet. Im Vordergrund des Anusara Yoga steht die innere Haltung, aus der die körperliche Praxis auf eine optimale Ausrichtung entsteht. Dies führt zur vollendeten Form, in der die Energie ungehindert und frei durch den gesamten Körper fliessen kann.
Anusara Yoga ist besonders gut für Anfänger und Anfängerinnen geeignet, weil grundsätzlich jede Haltung mit großer Präzision angesagt und aufgebaut wird. Die verschiedenen Haltungen werden einzeln und achtsam eingenommen und aufgebaut, jedoch können die Abfolgen einen Flow Charakter haben. In einer fortgeschrittenen Anusara Praxis werden die Prinzipien der Ausrichtung auf der energetischen Ebene immer weiter verfeinert und vertieft.
Sivananda Yoga
Sivananda Yoga ist nach dem indischen Begründer Swami Sivananda Saraswati benannt. Er lebte von 1887 - 1963 und brachte den ganzheitlichen Yoga aus Indien in den Westen. Der Sivananda Yogastil vereint die Grundlehren des Hatha Yoga, des Raja Yoga, des Jnana Yoga, des Karma Yoga und des Bhakti Yoga. Im Gegensatz zu den vielen modernen Yogastilen beinhaltet Sivananda Yoga Asanas, Atemübungen, Meditation, Mantren und eine ausgiebige Schlussentspannung.
Iyengar Yoga
Der Begründer des Iyengar Yoga, der Inder B.K.S. Iyengar, war als Kind schwach und ständig krank. Mit 15 Jahren wurde Iyengar zum legendären Yoga Lehrer Krishnamacharya in den Yogaunterricht geschickt. Krishnamacharya behandelte Iyengar mit besonderer Strenge und zwang ihn schnell in fortgeschrittene Asanas. Unter diesem strengen und fordernden Unterricht machte Iyengar schnell Fortschritte und gesundete.
Nach seiner Genesung wollte Iyengar den extrem strengen Stil seines Lehrers nicht fortführen. So begann er im Selbststudium die exakten Ausrichtungen von Hatha Yoga Stellungen zu erforschen. Als Hilfsmittel zur Unterstützung der Haltungen setzte er Kissen, Decken, Blöcke oder Gurten ein. Er entwickelte seinen eigenen Stil, der schon bald als Iyengar Yoga weltbekannt wurde.
Vinyasa Yoga
Die Ujjayi Atmung vereint als zentrales Element des Vinyasa Yoga atemsynchrone Bewegungen mit tanzähnlichen Sequenzen und grenzenloser Kreativität. In der Vinyasa Yogastilrichtung werden klassische Asanas zu immer neuen und kreativen Bewegungsabfolgen verbunden. Daraus entsteht ein anstrengender und fliessender Übungsstil, der mit einer intensiven Atemlenkung mi Musik geübt werden kann. Dabei wird die eigene Kraft und Lebendigkeit erfahren und ein dynamischer Vinyasa Flow entsteht.
Vinyasa Flow ist für alle bereichernd und inspirierend, die ein intensives und schweißtreibendes Üben suchen. Der Flowstil spricht Menschen an, die gerne Abwechslung und Kreativität in der Yogapraxis integriert haben möchten.
Power Yoga
Erst mit dem Einzug des Power Yoga wurde Yoga zum Lieblingssport des modernen Stadtmenschen. Power Yoga ist ein dynamischer und kräftigender Yogastil, der nicht in einer festgelegten Reihenfolge geübt wird. Je nach Thema wird die Übungsabfolge frei zusammengestellt, dabei liegt der Fokus auf den Körperhaltungen und Bewegungen.
Wer einen kraftvollen Workout ohne Atemtechniken, Meditation und Spiritualität sucht und seine Muskeln gerne ausbaut ist im Power Yoga genau richtig.
Ashtanga Yoga
Ashtanga Yoga ist eine der athletischsten Formen von Yoga und eher für erfahrene Yogaübende geeignet. Es folgt einer festen Abfolge von Posen und legt grossen Wert auf Kraft und Ausdauer.
Ashtanga Yoga unterscheidet sich von anderen Yogastilen, weil jeder Übende in seiner eigenen Geschwindigkeit eine vom Lehrer vorgegebene Abfolge von Asanas übt. Während die Übenden während der Yogastunde selbstständig durch ihre individuell angepasste Asana Sequenz gehen, schreitet der Lehrer durch den Raum und korrigiert, motiviert und unterstützt mit Adjustments.
Ashtanga Yoga besteht aus insgesamt sechs Serien, definiert und in der heutigen Form entwickelt von dem indischen Yogalehrer Sri K. Patthabi Jois. Schüler erlernen aber meistens monate- oder manchmal sogar jahrelang zunächst die erste Serie, bestehend aus 41 Asanas, bevor sie sich an die folgenden wagen.
Yin Yoga
Yin Yoga wird als entspannende und eher passive Form der Yogastilrichtungen wahrgenommen. Die Yin Yogapraxis ist meditativ und reflexiv ausgerichtet und basiert auf Asanas, die sitzend oder liegend für längere Zeit gehalten werden. Tief dehnende Haltungen werden mithilfe von Decken, Kissen und Blöcken eingenommen und können so entspannter über mehrere Minuten gehalten werden. Dadurch werden Muskeln gedehnt, Faszien und Gelenke werden mobilisiert und es entsteht eine beruhigende Wirkung auf das vegetative Nervensystem.
Das Konzept des Yin Yoga besteht aus Körperhaltungen, die vom traditionellen Hatha Yoga abgeleitet und mit verschiedenen Einflüssen aus dem indischen Yoga, dem chinesischen Taoismus und Erkenntnissen aus der westlichen Wissenschaft über den Körperbau und die Funktion der inneren Organe ergänzt wurden.
Kundalini-Yoga
Kundalini hat seine Wurzeln in der tantrischen Lehre, um ein Gleichgewicht zwischen den beiden Aspekten, dem aktiven und passiven Pol, anzustreben. Dabei konzentriert sich das Hauptanliegen der Praxis auf der Erweckung der Kundalini Energie, die schlafend an der Basis der Wirbelsäule liegt. Durch Körperbewegungen, Atemtechniken und Meditationsmethoden soll diese schlummernde Energie nach oben durch die Chakras oder Energiezentren geleitet werden, um eine innere Weiterentwicklung des Bewusstseins zu fördern.
Bikram Yoga oder Hot Yoga
Dieser Stil besteht aus einer Serie von 26 Posen und zwei Atemtechniken, die in jeder Yogaeinheit gleich ausgeführt werden. Die Bikram Yoga Technik wird in einem beheizten Raum mit 40 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit praktiziert. Diese Grundaspekte machen Bikram Yoga zu einer herausfordernden Form des Yoga, die Flexibilität und Ausdauer erfordert.
Die richtige Lehrperson?
Den richtigen Yogastil für sich zu finden ist die eine Seite der Medaille. Jedoch entscheidender kann die Persönlichkeit der Yogalehrperson sein. Da muss die Chemie stimmen, Wohlwollen und Kompetenz müssen spürbar sein. Das Gefühl der Lehrperson vertrauen zu können und gut aufgehoben zu sein ist bedeutend.
Ob eine Lehrperson oder der Yogastil passt, zeigt erst die Zeit. Aus diesem Grund ist es von Vorteil sich drei bis vier Mal auf den Unterricht einzulassen und vertiefter zu spüren, ob das Angebot das Richtige ist.
Yoga braucht auch immer Zeit, um seine innewohnende Wirkung zu entfalten. Der nachhaltige und vertiefte Effekt kann sich auch erst nach einigen Lektionen wirklich einstellen und spürbar werden.
Die vier Grundpfeiler Vertrauen, Wohlwollen, Kompetenz und Wirkung ermöglichen eine klare Entscheidung zu treffen, ob die Yogalehrperson und der Yogastil persönlich passen.
Persönliches Temperament
Bei der Wahl des Yogastils ist zu beachten: was fordert, tut gut!
Wenn sich jemand gerne und schnell bewegt, ständig unterwegs ist und Quecksilber in sich trägt, kann sich das eigene Potenzial nicht vollumfänglich entfalten, indem ein besonders dynamischer Yogastil gewählt wird. Genauso wenn jemand eher viel sitzt, träge ist und nicht aus den Startlöchern kommt, ist ein auf Tiefenentspannung ausgerichteter Yogastil nicht unbedingt tiefwirksam.
Geeignet ist eher eine energetische Ergänzung zum eigenen innewohnenden Temperament, um das innere Gleichgewicht zu schaffen. Dieser Aspekt ermöglicht es Körper und Geist weiterzuentwickeln und in ein entspanntes Sein zu kommen.
Das Schnelle und Dynamische oder Langsame und Gemächliche kennt das Gehirn. Erst die Konfrontation mit dem was fehlt, wird den inneren Wachstum entwickeln, fördern und stärken. Denn hier liegt die Herausforderung, sich auf etwas Neues einzulassen. Um die innewohnenden Fähigkeiten auszuschöpfen, sollten unbekannte Facetten entdeckt und entwickelt werden. Dies führt zum inneren Gleichgewicht und zur Ausgeglichenheit.
Yoga: Welcher Stil passt zu mir?
Naomi King in der Sendung Ratgeber im Radio SRF 1 vom Donnerstag 26. September 2024. Sie beantwortet Regula Zehnder zum Thema: Yoga: Welcher Stil passt zu mir? Fragen.
Radio SRF 1 Sendung Ratgeber:
Moderation: Mike La Marr, Redaktion: Regula Zehnder
Die Entscheidung
Viele Möglichkeiten stehen dem Einzelnen offen, um auszuprobieren, wahrzunehmen, zu spüren und sich auf etwas Neues einzulassen.
Nach einigen Yogalektionen wird die Wirkung der Yogapraxis spürbar und der Effekt erfahrbar. Das Umfeld, in dem geübt, wird klarer wahrgenommen, um zu erkennen, ob es angenehm wirkt. Ob der eigene Raum offen ist, um sich vollumfänglich auf die Yogapraxis einlassen zu können.
Es kommt der Augenblick, um sich zu entscheiden. Nach dem klaren Ja zu einem Yogastil beginnt der eigentliche Weg des Yogas. Nun sind die Qualitäten der Ausdauer, des Dranbleiben und der inneren Disziplin gefragt, um sich auf dem Weg des Yogas zu entfalten. Die innewohnenden Effekte und Wirkungen der verschiedenen Yogaaspekte benötigen Zeit, um erweckt zu werden und ihre vollumfängliche Wirkung von innen nach aussen zu zeigen.