News Naomi Ling 2020 Yoga und Kunst

Yoga und Kunst

Yoga und Kunst haben mehr miteinander zu tun, als auf den ersten Blick sichtbar wird. In der Kunst werden Philosophie und Wissenschaft vereint und in einer bildhaften Sprache durch Farben, Formen und Symbole dargestellt. Das ermöglicht den Betrachtenden, genauso wie dem Praktizierenden von Yoga, in einen Zustand der inneren Versenkung zu kommen.

Yoga und Kunst - das innere Schauen entdecken

Yoga und Meditation ist eine Lebensphilosophie, durch die der Mensch seinem weltlichen Leben einen tieferen Sinn und Würde geben kann. Die Wirkung des mystischen Yogaweges erstreckt sich auf alle Ebenen des menschlichen Daseins. Die tiefere Weisheit wurde seit jeher in der künstlerischen Ausdrucksweise offenbart.

Die wahren Yoga- und Meditationslehrenden hatten ihre Ausdrucksform immer in der mündlichen Weitergabe, der schriftlichen Form und der Kunst, um den Menschen die Lehren vom Leben näherzubringen. In der Kunst werden Philosophie und Wissenschaft vereint und in einer bildhaften Sprache durch Farben, Formen und Symbole dargestellt. «Die offenbarte Weisheit, die uns zu Füssen liegt, ist ein Gemälde.»

Die Bildsprache des inneren Schauens ist die Quelle der Kunst. Hier treffen die Wege von Yoga, Meditation und Kunst aufeinander, obwohl es scheinen mag, dass sie sich in verschiedene Richtungen bewegen. Derjenige der Kunst führt zu den Sinneseindrücke und derjenige von Yoga und Meditation zur Überwindung der Sinneseindrücke. Dieser Unterschied bezieht sich jedoch eher auf Äusserlichkeiten als auf das Wesentliche.

Denn ein Kunstwerk wirkt auf den Betrachter bildend und inspirierend. Das tiefe Erleben des Betrachters führt ihn zurück zur Quelle der Inspiration, in den Zustand der Versenkung, in welcher der Künstler gewirkt hat. Genau dieser Effekt wird genutzt, um Suchenden den Weg von Yoga und Meditation vor Augen zu führen und zu offenbaren.

Der Yogi folgt dem Pfad und entzündet die Lampe, die im Herzen wohnt.

Naomi King

Der geheime Tempel von Lhasa

In der tibetischen Hauptstadt Lhasa liegt am Fuss des Potala, der ehemaligen Winterresidenz des Dalai Lamas, auf einer kleinen geschützten Insel der geheimnisvolle Tempel Lukhang. Obwohl der Lukhang – Tempel der Schlangengeister – als einer der verborgenen Juwelen der tibetischen Kultur gilt, ist er kaum bekannt. Im 17. Jahrhundert schmückten unbekannte Künstler die Wände der Kapelle mit mystischen Wandbildern. Seitdem weisen die farbenprächtigen Gemälde in einer bildhaften Sprache den Dalai Lamas und ausgewählten Yogis den Weg des Yoga in allen seinen Facetten.

Der Tempel hat seine Gestalt als dreidimensionales Mandala und seine faszinierenden Gemälde den mystischen Visionen des fünften Dalai Lamas zu verdanken. Die farbenprächtig dargestellte mystische Lehre wird bis in die moderne Zeit vorwiegend mündlich vom Lehrer zum Schüler weitergegeben. Die Wandgemälde stellen die meditative Praxis dar, die seit den Tagen des grossen Fünften von den Dalai Lamas und einigen wenigen Yogis ausgeführt wurden. Sie weisen den mystischen Weg, auf dem Körper und Geist transformiert werden und die Natur des Allbewusstseins erreicht werden kann. Gleichzeitig sind sie ein Beispiel dafür, wie die Kunst in ihrer vollendetenAusdruckskraft bildlich den Pfad zu veranschaulichen weiss, der sich mit Worten nie vollkommen beschreiben lässt.

Dem Yogi begegnet die Welt als mystisches Mandala.

Naomi King

Sehnsucht nach geistiger Befreiung

Die Wandmalereien im Lukhang-Tempel unterscheiden sich von den meisten Tempelgemälden insofern, als sie nicht nur Buddha darstellen, sondern gewöhnliche Menschen, die von ihrer Sehnsucht nach geistiger Befreiung auf den Yogaweg geführt wurden. Neben Alltagsszenen stellen sie Prinzipien des Bewusstseins dar, die als ein verzweigtes Netz von Energiekanälen und -zentren im menschlichen Körper dargestellt werden. Wie Formen und Prinzipien, die jenseits der menschlichen Sichtweise existieren, verweisen die Bilder auf ein nicht entwickeltes Potenzial im Menschen hin. Die Wandmalerei enthüllt das unablässig strömende Universum und durch die mystische Yogapraxis öffnet sich der Geist dem Ursprungsraum. In diesem Raum jenseits von Wahrheit und Illusion erkennt der Yogi, dass der Geist nur aufgrund von Täuschungen die Scheinwelt des menschlichen Daseins konstruiert. Er widmet sich dem schöpferischen Prozess von Yoga und Meditation, um sich zu verwirklichen und Erleuchtung zu erlangen.

Das Mandala

Die farbenfrohen Mandalas sind durch ihre Komplexität und ihren Bezug zur Yoga- und Meditationspraxis von Bedeutung und sind zugleich Ausdruck der Weisheit des mystischen Weges. Im Sanskrit bedeutet Mandala: Kreis, ein konzentrisches Diagramm, eine um ein Zentrum geordnete Gruppe von Objekten, Symbolen und Gestalten oder kosmische Gestaltungsprinzipien. Die Grundstruktur des Mandalas ist ein archetypisches Urbild, dass im Unterbewusstsein aller Menschen verankert ist. Durch die kreisförmigen, um den Mittelpunkt angeordneten und miteinander verbundenen geometrischen Formen und abstrakten Symbole soll der Gestalter und der Betrachter seine gesamte Aufmerksamkeit auf sein Inneres – seine Urenergie – richten. Das Mandala umfasst das gesamte Universum und wird zum Zentrum des Meditierenden und zum schützenden Kreis der Hingabe zur Urnatur. So wird der Meditierende eins mit dem Kunstwerk, er verbindet Wissenschaft, Philosophie und Kunst zu einer Einheit: In der Tiefe des Herzens liegt das mystische Mandala.

Der Geist ist der grösste Künstler. Er malt mit dem Pinsel der ursprünglichen Idee.

Naomi King

Artikel Im YOGA! Das Magazin zum Thema Yoga & Kunst

Im YOGA! Das Magazin wurde im Heft 2/2020 der Artikel von Naomi King zum Thema Yoga und Kunst Das innere Schauen entdecken publiziert.

Der Artikel Yoga und Kunst Das innere Schauen entdecken kann hier nachgelesen werden.

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Naomi King Yogalehrerin Meditationslehrerin und Achtsamkeitscoach
Naomi King

Der erste Schritt mit Yoga, Meditation und Achtsamkeit beginnt mit der inneren, fokussierten Ausrichtung: «Niemand kann die Brücke bauen, auf der ich über den Fluss des Lebens schreite, niemand ausser ich selbst.»